Um die 40.000 Menschen haben am 6. April gezeigt, dass sie unzufrieden sind. Unzufrieden über die Zustände auf dem Berliner Wohnungsmarkt, die unzähligen Menschen Kopfzerbrechen bereiten. Es ist schon länger kein Einzelfall mehr, dass knapp die Hälfte des monatlichen Gehalts für die Miete drauf geht. Das sind Tendenzen, die wir uns nicht gefallen lassen dürfen! Wie kann es sein, dass wir am Ende des Monats jeden Cent umdrehen müssen, nur um ein Dach über dem Kopf zu haben? Wie kann es sein, dass ein Unternehmen Millionen, wenn nicht gar Milliarden macht, während andere auf der Straße schlafen müssen? Da ist der Ausdruck der Unzufriedenheit auf einer Demo ein Anfang. Auch die Tendenz sich in der eigenen Mieter*innenschaft zu organisieren sind erste wichtige Schritte. Einige waren auch auf der Demo vertreten, sichtbar durch eigene Transparente und Schilder. Dass Menschen mit verschiedensten Hintergründen, Alter etc. vertreten waren, zeigt deutlich, dass es ein Thema ist, dass uns alle betrifft! Doch wie geht es jetzt weiter? An die Regierenden und Unternehmer*innen zu appellieren wird uns nicht weit bringen, denn dieses System basiert auf Gewinnmaximierung. Diese ist auf der Ungleichheit der Menschen aufgebaut und diese Ungleichheiten können nur mit einer Änderung des Systems aufgelöst werden.
Wir sehen die Kampagne für eine Enteignung großer Wohnungsunternehmen, wie die „Deutsche Wohnen“ oder „Vonovia“, als einen Schritt in die richtige Richtung an. Der Druck der damit auf sie ausgeübt wird, zeigt sich in der Berichterstattung wieder. Es wird hitzig diskutiert und versucht mit allen Mitteln gegen die „sozialistischen Ideen“[1] anzukämpfen. Auch Sätze wie „Ideologie löse keine Probleme“[2] fallen bei der CSU da gerne mal, um den Widerstand gegen die Ausbeutenden zu delegitimieren. Doch die Ideologie des Kapitalismus hat diese Probleme erst erschaffen und genau dagegen müssen wir vorgehen.
So gut die Idee der Enteignung von Deutsche Wohnen und Co. auch ist, wird sie uns keine dauerhafte Lösung für die Mietenfrage bringen können. Wir müssen unseren Wohnraum als ein fundamentales Menschenrecht verstehen und so sollte es auch behandelt werden. Kein Unternehmen, ob nun groß oder klein, sollte ein Recht besitzen, Entscheidungen über den Wohnraum eines Men-schen fällen zu dürfen. Das heißt auch, dass es zu keinem Zeitpunkt möglich sein sollte aus Wohnraum Profit zu machen.
Doch wie könnten Lösungen für diese Problematik aussehen? Eine Möglichkeit könnte die kollektive Selbstverwaltung von Wohnraum sein. Das Konzept der kollektiven Selbstverwaltung ist heute alles andere als neu. Vor allem Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts war es in Spanien eine weitverbreitete Idee, die unter der Bevölkerung großen Zuspruch hatte. 1936 wurden ein großer Teil der Betriebe kollektiviert und von den Arbeiter*innen selbstverwaltet. George Orwell schrieb dazu in seinem Buch Mein Katalonien:
„Ich war mehr oder weniger durch Zufall in die einzige Gemeinschaft von nennenswerter Größe in Westeuropa gekommen, wo politisches Bewusstsein und Zweifel am Kapitalismus normaler waren als das Gegenteil. Hier in Aragonien lebte man unter Zehntausenden von Menschen, die hauptsächlich, wenn auch nicht vollständig, aus der Arbeiterklasse stammten. Sie lebten alle auf dem gleichen Niveau unter den Bedingungen der Gleichheit. Theoretisch herrschte vollkommene Gleichheit, und selbst in der Praxis war man nicht weit davon entfernt. In gewisser Weise ließe sich wahrhaftig sagen, dass man hier einen Vorgeschmack des Sozialismus erlebte. Damit meine ich, dass die geistige Atmosphäre des Sozialismus vorherrschte. Viele normale Motive des zivilisierten Lebens – Snobismus, Geldschinderei, Furcht vor dem Boss und so weiter – hatten einfach aufgehört zu existieren.“
Doch auch in Deutschland gab und gibt es Konzepte, die denen ähnlich sind. Das Genossenschaftsmodell ist so ein Konzept. Auch wenn es nicht die Kapitalismuskritik beinhaltet, die für eine wirkliche Veränderung der Lage notwendig wäre, zeigt es doch, dass eine Alternative zum Wohnungsmarkt möglich ist.
Diese Alternative muss aber auch immer eine Lösung für die ganze Gesellschaft beinhalten, sonst ist sie dazu verdammt, dass individuelle Glück eines Einzelnen oder ein paar Weniger zu bleiben. Deswegen müssen wir uns die Systemfrage stellen. Wie könnte eine andere Gesellschaft aussehen? Und welche Schritte sind notwendig um sie aufzubauen?
Lasst uns darüber gemeinsam diskutieren und nach Lösungen suchen. Kommt dazu doch zum nächsten Café am 12. Mai in den Stadtteilladen Lunte.
Sabot44